ZusammenfassungMuslime/innen in Deutschland sind alltäglich mit Islam- und Muslimfeindlichkeit bzw. antimuslimischen Rassismus, mindestens aber mit "Fremdzuschreibungen von Fremdheit" konfrontiert. Angesichts von Terror und Gewalt im Namen des Islam und einer zunehmend versicherheitlichten Perspektive auf gesellschaftliche Probleme scheinen neben 'klassischen' Stereotypen (wie Rückständigkeit, Fundamentalismus und patriarchale Unterdrückung der Frau) verstärkt Gefährlichkeitszuschreibungen an den Islam geheftet zu werden. Insbesondere strenger praktizierende Muslime/innen geraten in diesem gesellschaftlichen Klima unter Radikalismus- bzw. Extremismusverdacht bzw. werden als bedrohlich wahrgenommen. Die Untersuchung setzt an diesem hegemonialen Islamdiskurs an. Auf der Basis von biografisch-narrativen Interviews sowie einer Gruppendiskussion mit praktizierenden, sich bedeckenden Muslimas und orientiert an der Grounded Theory Methodologie untersucht er, wie sich dieser Diskurs in Erfahrungen von Muslime/innen niederschlägt, auf ihre Selbst- und Welt-Wahrnehmung auswirkt und wie praktizierende Muslime/innen mit den Zuschreibungen umgehen, mit denen sie sich im Alltag auseinandersetzen müssen. Dabei zeigt sich eine Reflexivierung muslimischer Lebenspraxis, die Fremdzuschreibungen von islamistischer Gefahr und Bedrohung stets mitführt. Im Umgang mit den stigmatisierenden Fremdidentifizierungen lassen sich idealtypisch zwei Strategien unterscheiden: 1) Umgangsweisen, die als Formen derSelbstermächtigungbeschrieben werden und 2) eherdefensive Formen des Umgangs, die zu einer Identifikation mit der Opferrolle und Rückzug tendieren. Vor den Hintergrund der eigenen Felderfahrungen reflektiert der Beitrag dabei zudem die Rolle von Forscher/innen im Themenfeld bei der (Re‑)Produktion gesellschaftlicher Islamdiskurse.
Im Themenfeld der Sicherheitsforschung sind Analysen und das Voranbringen von Erkenntnissen ohne eine Kooperation zwischen Wissenschaft und Sicherheitsakteur*innen nicht möglich. Sicherheitsakteur*innen und Wissenschaftler*innen verfolgen unterschiedliche Handlungslogiken und verfügen somit über verschiedene Zugänge zu Themenbereichen, Daten und Personengruppen. Diese unterschiedlichen Zugänge sind für eine Analyse, Problematisierung und das Erkenntnisinteresse von großer Bedeutung. Ein Beispiel für eine kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit stellt die Radikalisierungsforschung dar. Am Beispiel des qualitativen Interviews der sozialwissenschaftlichen Forschung und der polizeilichen Vernehmung werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten dargelegt. Dabei wird verdeutlicht, worin die Gefahr besteht, wenn die Freiheit von Wissenschaftlichkeit konterkariert wird und warum es u. a. unabdingbar ist, dass der Artikel 5 des Grundgesetzes in seiner Form von allen Akteur*innen gewahrt wird.
Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über Ergebnisse einer Online-Befragung von n=3.908 Personen zum Thema "Catcalling", die 2021 vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen durchgeführt wurde. Unter Catcalling werden verbale oder andere nicht körperliche Formen der sexuellen Belästigung im öffentlichen Raum verstanden. Die Untersuchung analysiert das Ausmaß, die Formen und ausgewählte soziale Merkmale der Opfer von Catcalling, mögliche Folgen für Betroffene sowie Merkmale von Tätern und Täterinnen. Die Befunde zeigen, dass Catcalling eine weit verbreitete Alltagserfahrung im Leben vor allem junger weiblicher oder diversgeschlechtlicher Personen ist. Viele Betroffene leiden anschließend unter diversen Folgen, wie verstärkte Ängstlichkeit oder allgemeine Verschlechterungen der psychischen Befindlichkeit. Anknüpfend an die empirischen Befunde werden Hinweise auf mögliche Handlungsoptionen gegeben.
In diesem Beitrag befassen wir uns mit den Herausforderungen qualitativer Forschung im Kontext der Radikalisierungsforschung unter dem Eindruck einer jüngst erfolgten Beschlagnahme von Forschungsdaten und zeichnen die Entwicklungslinien und die Versicherheitlichung des Forschungsfeldes nach. Während sich Forschende oft im Spannungsfeld von Grundlagenforschung und Anwendungsbezug befinden, zeigt sich im Teilbereich der (De-)Radikalisierungsforschung die Tendenz zur Versicherheitlichung wie unter einem Brennglas - und stellt damit Forschende vor besondere Aufgaben; u.a. angesichts des fehlenden Zeugnisverweigerungsrechts. Wir greifen konkrete ethische und rechtliche Aspekte auf und bieten einen Leitfaden mit rechtlichen Fragen, den Forschende bearbeiten sollten, bevor sie ins Feld gehen.